[Kirchenkreis Moers] Mit einem Gottesdienst begann am 10. November 2023 um 17 Uhr die Synode des Kirchenkreises Moers in der ev. Kirche in Hochheide. Pfarrerin Ulrike Thölke aus der Ev. Kirchengemeinde Wallach-Ossenberg-Borth sprach in einer aufrüttelnden Predigt über den Antisemitismus. „Es liegt an uns, nicht zu schweigen“, sagte die Theologin. 768,50 Euro gaben die 97 Synodalen in die Kollekte. Sie ist bestimmt für Nes Ammim in Israel, ein internationales christliches Studien- und Begegnungszentrum, das einen geschützten Raum für jüdisch-christliche und israelisch-palästinensische Begegnungen bietet.
Ein Grußwort sprach Pfarrer Dr. Frank Peters, Kirchenrat der Ev. Kirche im Rheinland. Grüße sandten auch die Superintendent:innen der Nachbarkirchenkreise.
Anschließend dankte Wolfram Syben, Superintendent des Kirchenkreises Moers, in seinem Synodalbericht den haupt- und ehrenamtlich Mitarbeitenden in Gemeinden und Einrichtungen des Kirchenkreises Moers und der Grafschafter Diakonie für ihr hohes Engagement. Deutlich nehme er aber auch die deutliche Zunahme der Belastung wahr, die sich aus der Zunahme oder Verdichtung von Aufgaben ergibt. Entlastend könnte die Delegation einzelner Aufgaben an externe Dienstleister sein, die allerdings kostspielig sei. Formen gemeindlicher Zusammenarbeit könnten entlastend sein, wenn etwa eine Gemeinde für andere bestimmte Arbeitsfelder abdeckt, z. B. die Jugendarbeit, eine andere dafür die Arbeit mit Seniorinnen und Senioren übernehme etc. Und schließlich müsse auch reflektiert werden, welche Arbeitsbereiche mehr, welche weniger benötigt würden. Bis zum Jahr 2027 sollen die Gemeinden beispielsweise entscheiden, welche Gebäude sie erhalten wollen. Hintergrund: Alle Immobilien der Ev. Kirchengemeinden innerhalb der rheinischen Kirche (EKiR) müssen bis zum Jahr 2035 treibhausneutral werden. „Für mein Dafürhalten könnte ein gesunder Weg sein, notwendige Reduktionen bei Gebäuden und Angeboten zu verbinden mit einer vertrauensvollen stellvertretenden Wahrnehmung von Aufgaben, mit einer klugen gemeinsamen Nutzung von Gebäuden und einer sachgerechten Delegation von Tätigkeiten.“ Das könne auch helfen, die presbyteriale Arbeit wieder attraktiver zu machen und dem Bereich der geistlichen Leitung mehr Raum zu verschaffen. Syben verwies in seinem Bericht auch auf die 6. Kirchenmitgliedschaftsuntersuchung der Ev. Kirche in Deutschland (EKD), die während der kommenden EKD-Synode der Öffentlichkeit vorgestellt wird. Obwohl sich nach der Studie nur noch 13 Prozent als kirchlich-religiös bezeichnen, sei die die soziale Reichweite der Kirche in die Gesellschaft hinein nicht gesunken. Das ehrenamtliche Engagement von kirchlich-religiösen Menschen liege in allen Bereichen der Gesellschaft deutlich über dem von kirchlich nicht beheimateten Bürger:innen.
Syben dankte den Gemeinden auch dafür, dass sie seinen Bericht aus der vergangenen Synode über die sexualisierte Gewalt im Moerser Martinstift in den 1950er Jahren in ihren Gemeindebriefen publiziert haben. „Ebenfalls bin ich allen Mitarbeitenden sehr dankbar, die die große Zahl an qualifizierten Präventionsschulungen durchführen, um unsere Schutzvorkehrungen in allen Gemeinden und Arbeitsbereichen zu stärken und für dieses wichtige Lebensthema zu sensibilisieren.“ Zudem informierte er, dass Ende Januar 2024 die „ForuM-Studie“ [„Forschung zur Aufarbeitung von sexualisierter Gewalt und anderen Missbrauchsformen in der Evangelischen Kirche und Diakonie in Deutschland“], von der Ev. Kirche in Deutschland veröffentlicht werde.
Syben berichtete weiterhin von dem Gedenken am Synagogenbogen in Moers und im Duisburger Rathaus zum Gedenken an die Pogrome gegen jüdische Bürgerinnen und Bürger am 9. November 1938. Die unumstößliche Lehre nach Auschwitz hieß „Nie wieder!“. Doch das Gedenken stand in diesem Jahr im Schatten des 7. Oktober 2023, als israelische Dörfer und Kibbuzim überfallen und 1400 Menschen ermordet worden sind. Zurück bleibe das Gefühl von Ohnmacht und Hilflosigkeit. „Und es stimmt: Was wir bisher taten, hat den furchtbaren Überfall der Hamas nicht verhindert, nicht aufgehalten. Humanitäre Hilfen, politische Aktivitäten und die vielgestaltigen Initiativen, die sich seit vielen Jahren für Frieden und Versöhnung im Nahen Osten einsetzen, haben die Massaker – Gott sei’s geklagt – nicht verhindert. Wörtlich wie im Bilde gesagt: Wir haben uns nicht vor die über 1.400 Menschen stellen können, um sie zu schützen, um sie zu bewahren vor diesem grausamen Pogrom.“ Resignation sei jedoch die falsche Reaktion. „Wir können uns gegen das Vergessen einsetzen: Den 7. Oktober nicht vergessen, aus dessen Leid nun so viel weiteres Leid erwächst. (…) Wir können Wege finden, um daran mitzuwirken, das Leid zu vermindern, den Schmerz zu verarbeiten, Zerstörtes wieder aufzubauen und dem Weiterleben damit neue Chancen zu eröffnen.“
In Reaktion auf die abscheulichen Massaker des 7. Oktober nehme Israel sein Recht auf Selbstverteidigung wahr. „Damit tauchen viele neue schwierige Fragen auf angesichts all der furchtbaren Zerstörungen und zivilen Opfer, die nun zu beklagen sind. Jeden Tag erreichen uns die Bilder aus Gaza, sehen wir zerstörte Häuser, hören wir von so vielen Toten und Verletzten“, sagte der Superintendent und kritisierte, dass die Hamas die Zivilbevölkerung als Schutzschild missbrauche und die Verletzung und Tötung Unschuldiger in Kauf nehme.
Erschreckend erstarke nach dem Massaker und Israels Selbstverteidigung der Antisemitismus in vielen Teilen der deutschen Bevölkerung. „Zugleich erschreckt mich ebenfalls zutiefst, in welcher Schnelligkeit und in welcher Heftigkeit antijüdische und antiisraelische Ressentiments in unserem Land „wachgerufen“ werden können. (…) Wir können uns nicht persönlich vor die Dörfer und Kibbuzim in Israel stellen. Aber wir können uns sehr persönlich in unserem Land gegen die Gewalt und gegen den Hass, gegen das Gift des Antisemitismus, gegen Hetze und Lügen stellen.[…] Und wir müssen an dieser Stelle wie auch für andere Felder der heftigen Auseinandersetzung in unserer Gesellschaft, wo das Netz mit menschenverachtenden Hassbotschaften geflutet wird, wo Populist:innen Menschen gegeneinander aufhetzen, wo sie Menschen, die auf der Flucht sind, ihrem Schicksal überlassen und die freiheitliche Demokratie zerstören wollen, klar sagen: Hass ist keine Meinung.Hass ist eine Vergiftung der Seele. Und es ist ein Gift, das – Gott sei auch das geklagt – ansteckend ist. “
Als Beispiel persönlichen Einsatzes für den Frieden benannte Syben die Peace-Bike-Tour: Pfarrer i.R. Christoph Roller fährt mit dem Fahrrad von Kamp-Lintfort nach Abéné im Senegal, um auf der 4600 Km-langen Tour in Begegnungen mit Menschen über den Frieden zu sprechen. Von dieser Fahrt gibt es immer wieder Videos unter youtube.com/@kirchenkreis-moers.
Nach intensiver Diskussion des Berichts von Wolfram Syben informierten sich die Synodalen in wechselnden Kleingruppen über die Arbeit verschiedener Arbeitsbereiche im Kirchenkreis, etwa die Notfallseelsorge, die Ev. Beratungsstelle Duisburg/Moers, die Öffentlichkeitsarbeit, Kirchenmusik oder die Telefonseelsorge. Der erste Synodaltag endete gegen 21:30 Uhr mit dem Segen.
Zweiter Tag der Synode
Um 8:30 Uhr begrüßte Pfarrer Yannick Barnekow die Synodalen mit einer Andacht über die Taufe. Angezogen im Kleid sagte er mit Blick auf den Brief an die Galater, dass alle Menschen vor Gott gleich seien und fragte er, „warum Gott nicht auch als große Tunte ansprechen? Denn da klingt sehr viel mütterliche Liebe mit. Als Tunte wird man nämlich adoptiert – von einer Tuntenmutter. Die zeigt einem, wie man sich schminkt, führt einen in die Subkultur ein, hilft, dass man sich geborgen fühlt und eine neue Zuflucht findet – gerade, wenn die eigenen Eltern wenig Verständnis aufbringen. Er forderte „Indem die Kirche sich für Menschen mit verschiedenen sexuellen Orientierungen und für Menschen mit verschiedenen geschlechtlichen Identitäten geöffnet hat, wird es, finde ich , nun auch Zeit, dass Kirche nicht nur teilnehmen lässt, sondern auch Interesse an genau diesen und allen queeren Menschen, wie mir, zeigt.“
Grußworte
Grußworte sprachen Stadtdechant Thorsten Hendricks, Edeltraut Klabuhn, Bürgermeisterin der Stadt Duisburg und Ingo Brohl, Landrat des Kreises Wesel.
Bericht zum Konzept zum Schutz vor sexualisierter Gewalt
Nach Informationen von Kirchenrat Pfarrer Dr. Frank Peters über Neuerungen des Lebensordnungsgesetzes, das etwa Trauungen, Taufen und Beerdigungen regelt, hörten die Synodalen einen Bericht über die fortwährende Arbeit am Konzept zum Schutz vor sexualisierter Gewalt. Dieses gilt im Kirchenkreis Moers seit Juni 2021 verbindlich. Das Neue Ev. Forum Kirchenkreis bietet verpflichtende Schulungen an für alle haupt- und ehrenamtlich Mitarbeitenden, die mit Menschen arbeiten. Diese Schulungen müssen regelmäßig aufgefrischt werden. Sie sollen sensibilisieren, eine Haltung implementieren, dass sexualisierte Gewalt in keiner Form und von keiner Person hinnehmbar ist und handlungsfähig machen, wenn es eine Verdachtsbeobachtung gibt. Alle Mitarbeitenden müssen Schulungen besuchen, von der Pfarrerin bis zum Gemeindebrieftverteilenden, von der Hausmeisterin bis zu Sekretariatsmitarbeitenden. In den letzten Jahren nahmen 600 Personen in 50 Schulungen im Kirchenkreis Moers teil
Erwachsenen- und Familienbildung unter einer Leitung
Bereits im Perspektivprozess 2025 zur künftigen Entwicklung des Kirchenkreises aus dem Jahr 2019 war festgelegt, dass die Erwachsenenbildung und die Ev. Familienbildung Moers zu einer neuen Bildungseinrichtung zusammengefasst werden und die Gremienstruktur verschlankt werden soll. Diese Planungen setzte die Kreissynode um. Insgesamt werden zwei Stellen für hauptamtlich pädagogische Mitarbeitende (HPM) vorgehalten, wovon eine mit Leitungsaufgaben betraut ist. Zwei weitere pädagogische Mitarbeiterinnen in den Regionen mit je einem halben Stellenanteil werden gemeinsam mit Kirchengemeinden finanziert. Die Leitung dieser neuen Bildungseinrichtung wird, nachdem die bisherigen Leitungen in den Ruhestand gewechselt sind, ab dem 1. Januar 2025 von Petra Kurek wahrgenommen, die bereits im Familienbildungswerk Moers tätig ist. Die Synodale Kinder- und Jugendarbeit wird weiterhin mit dem Kinder- und Jugendreferat wahrgenommen, das vom synodalen Jugendausschuss begleitet wird.
Ev. Schulreferat Duisburg / Niederrhein
In nächsten Tagesordnungspunkt nahmen die Synodalen den Umzug des Schulreferates von Kamp-Lintfort nach Duisburg zur Kenntnis. Die Verwaltung übernimmt zum 1. Januar 2024 der Kirchenkreis Duisburg.
Konzeptionsvorschlag für eine neue Gremienstruktur
Der Kreissynodalvorstand hat Vorschläge erarbeitet, wie die synodalen Ausschüsse und Beauftragungen so organisiert werden können, dass sie flexibler auf die synodalen Interessen und individuellen Bedürfnisse zugeschnitten sind und höhere Partizipation ermöglichen. Die Überlegungen wurden im Plenum vorgestellt. Sie sollen in den Ausschüssen beraten werden. Ihre Rückmeldungen sollen in die Entscheidung der Synodalen im Juni 2024 einfließen.
KiTa-Umlage
Die KiTa-Umlage wurde auf 3,00 € pro Gemeindeglied festgelegt. Sie fließt in den Kita-Fonds. Mit ihm wird die religionspädagogisch begleitete Kindertagesstättenarbeit als Gemeinschaftsaufgabe von allen Kirchengemeinden und dem Kirchenkreis solidarisch unterstützt. Für das Kindergartenjahr 2023/2024 stehen 300.000 € zur Verfügung, die in den Regionen im Frühjahr beantragt werden können.
Haushalt
Für das Jahr 2024 werden den Gemeinden und dem Kirchenkreis nach verschiedenen Abzügen, etwa der Pfarrbesoldung für 29 Gemeindepfarrstellen und der Zuführung in den Finanzausgleich etwa 16,08 Mio. € zur Verfügung stehen. Davon erhalten die Gemeinden 75 % des Verteilbetrages.
- Das entspricht einer Pro-Kopf-Zuweisung von 142,00 € pro Gemeindeglied. Eine Gemeinde mit 2.000 Mitgliedern z. B. erhält also 284.000 €. Die Kirchengemeinden müssen davon ihre Ausgaben für die Gebäude wie Kirchen und Gemeindezentren, sowie die Gehälter von Kirchenmusiker*innen, Jugendleiter*innen und dem Küster*innen- und den Verwaltungsdienst bestreiten.
- Für die gemeinsam synodal wahrgenommenen Aufgaben erhält der Kirchenkreis Moers 25 % des Verteilbetrages, das entspricht ca. 4,02 Mio. €. Davon werden Aufwendungen der Arbeitsbereiche bezahlt, etwa Gehälter der Mitarbeitenden in der Erwachsenen- und Familienbildung, die Arbeit der Ev. Beratungsstelle sowie Funktionspfarrerstellen, z. B. der Krankenhaus- und Gehörlosenseelsorge etc.
- Die Verwaltungskostenumlage liegt bei etwa 3,15 Mio. €, der Haushalt bei etwa 4,35 Mio. €. Die 49 Mitarbeitenden in Voll- oder Teilzeitstellen inkl. 2 Auszubildenden sind im Dienst der 21 Kirchengemeinden und für den Kirchenkreis tätig. Ihre Aufgaben beginnen bei der Vertragsgestaltung mit Organist*innen und reichen von der Abwicklung des Zahlungsverkehrs über die Haushaltsplanung und das Erstellen von Jahresabschlüssen und Bilanzen bis zu Informationen zu rechtlichen Fragen und Begleitung und Protokollführungen in Sitzungen der gemeindlichen Leitungsorgane. So ermöglicht die Verwaltung die Arbeit der Kirchengemeinden in einem komplexen gesellschaftlichen Umfeld und hat damit Bedeutung für jeden Bereich der kirchlichen Arbeit vom Gottesdienst bis zur Gemeindediakonie mit ihrer sozialen Arbeit.
Der Haushalt kann vom 20.11.2023 bis 22.12.2023 in der Superintendentur des Kirchenkreises Moers, eingesehen werden. Bitte vorher unter 02841 100125 einen Termin ausmachen.
Wahlen und Berufungen
Gewählt wurde
- Gabriele Süßer (Ev. Kirchengemeinde Rheinkamp) für das Amt der 2. stellvertretenden Synodalältesten
- Kirsten-Luisa Wegmann, Pfarrerin der Ev. Kirchengemeinde Schwafheim als theologische Abgeordnete zur Landessynode
Berufen wurden
- Andreas Oesterwind (Kirchengemeinde Bönninghardt) und Pfarrerin Kirsten-Luisa Wegmann (Kirchengemeinde Schwafheim) sowie Dirk Kamann als Vertreter aus dem KSV in den Nominierungsausschuss
- Thomas Koch zum Vorsitzenden des Öffentlichkeitsausschusses
- Andreas Klumb, Pfarrer der Ev. Kirchengemeinde Baerl, zum Vorsitzenden und Jenny Engelhard (Ktaleiterin in Eick) zur stellvertretenden Vorsitzenden des Ausschusses „Kita und Gemeinde in Kontakt“
- Jörg Kornberger (Emmauskirchengemeinde) zum Vorsitzenden des Anlageausschusses
- Niklas Kischner (Kirchengemeinde Rheinkamp) in den Entwicklungshilfeausschuss
- Marcus Guttmacher-Jendges und Ulrich Frische in den Verwaltungsausschuss,
Kreiskirchliche Kollekten
An drei Terminen werden in gemeindlichen Gottesdiensten Kollekten gesammelt, deren Zweck die Synodalen wie folgt bestimmten:
- 18.02.2024: Aktion Sühnezeichen Friedensdienste e. V
- 2.06.2024: Schüler:innen- und Jugendarbeit im Kirchenkreis Moers
- 14.07.2024: Kindernothilfe – Hilfe für Not leidende Mädchen und Jungen in der Ukraine und den Nachbarländern Republik Moldau und Rumänien
Termine Synoden
- 2024
- Sommer 2024: 21./22.06.2024
- Herbst 2024: 15./16.11.2024
- 2025
- Sommer 2025: 13./14.06.2025
- Herbst 2025: 14./15.11.2025
Die Synode schloss gegen 12.30 Uhr mit dem Segen.