Kirchenasyl zeigt Mängel der europäischen Asylpolitik

Kirchengemeinden in Deutschland gewähren derzeit mehr als 500 Menschen Schutz im sogenannten Kirchenasyl, 98 davon in Gemeinden der Evangelischen Kirche im Rheinland. Überwiegend geht es dabei um drohende Abschiebungen in bestimmte EU-Länder, hauptsächlich Bulgarien, Rumänien und Polen.

Die Ökumenische Bundesarbeitsgemeinschaft (BAG) Asyl in der Kirche hat auf ihrer Tagung am Wochenende in Köln auf Zusammenhänge zwischen der EU-Grenzpolitik und den Kirchenasylen hingewiesen. „Wir sehen beim Kirchenasyl im Kleinen, was in der europäischen Asylpolitik falsch läuft“, erklärte die BAG-Vorsitzende, die Hamburger Pastorin Dietlind Jochims, am Sonntag. So gebe es etwa zahlreiche Kirchenasyle, in denen Menschen vor drohender Abschiebung nach Polen geschützt würden.

„Dublin-System gescheitert“

Nach der Dublin-Verordnung von Deutschland nach Polen zurückgeschobene Flüchtlinge seien dort in der Regel Inhaftierung in geschlossenen Lagern ausgesetzt und hätten keine Chance auf ein Bleiberecht. „Aber anstatt anzuerkennen, dass das Dublin-System gescheitert ist, wird den Kirchengemeinden vorgeworfen, sich nicht an die Regeln zu halten, sobald sie systemische Mängel erwähnen“, kritisierte Jochims, die auch Menschenrechtsbeauftragte der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Norddeutschland ist.

Hunderte illegale Pushbacks an der Grenze Polen-Belarus

Über die Zustände in den Wäldern im polnisch-belarussischen Grenzgebiet berichtete Magdalena Luczak von der Grupa Granica aus Polen, die dort humanitäre Nothilfe leistet. Seit Herbst 2021 hat die Gruppe nach ihren Angaben 27 Todesfälle und Hunderte illegale Pushbacks an der Grenze dokumentiert. Wahrscheinlich hätten in dem unwegsamen Sumpfgebiet bereits viele weitere Menschen ihr Leben verloren, sagte sie.

Rheinische Kirche sendet wichtiges öffentliches Signal

Die Kirchenleitung der Evangelischen Kirche im Rheinland bekräftigte ihre uneingeschränkte Unterstützung für Gemeinden, die Kirchenasyl gewähren. „Wir stehen als Kirchenleitung hinter den Gemeinden, die Kirchenasyl wagen, und wir sind im Konfliktfall an ihrer Seite“, sagte Oberkirchenrätin Wibke Janssen in einem Videogrußwort zur Tagung.  Solche öffentlichen Signale seien wichtig für betroffene Gemeinden, sagte Jochims. „Sie stärken uns in unserem Engagement für Humanität und Menschenrechte, auch wenn es einmal Gegenwind gibt.“

  • 07.11.2022
  • epd