„Adventstour der Hoffnung“: Auf dem Weg zur Gemeindefusion

Die evangelischen Kirchengemeinden Bad Sobernheim und Staudernheim im Kirchenkreis An Nahe und Glan vereinigen sich am 1. Januar 2022 zur neuen Paul-Schneider-Gemeinde. Eine „Adventstour der Hoffnung“ soll diese Fusion nun einleiten. Die Beteiligten sehen in der Namensgebung einen klaren Auftrag für die Zukunft.

Vier Adventssonntage – vier Kirchen. Diese gedankliche Verbindung hat den Ausschuss für Theologie und Gottesdienst der beiden Gemeinden zu einem besonderen Gottesdienstprojekt inspiriert: „Jeder Adventssonntag wird uns in einer anderen Kirche zusammenführen“, erläutert Pfarrerin Ulrike Scholtheis-Wenzel (Bad Sobernheim). In ihren Augen ist dies „ein mutiger Schritt“, denn es wird an jedem Adventssonntag nur in einer der vier Kirchen Gottesdienst gefeiert. Ein Fahrdienst soll jedem Gemeindemitglied die Teilnahme ermöglichen.

Gründungsgottesdienst am 9. Januar 2022

„Wir gehen mit den Gottesdiensten von oben nach unten“, erklärt Pfarrer Ralf Anacker (Staudernheim) und weist auf die geografische Lage der drei Dörfer und der Kurstadt hin. „Von Lauschied, der kleinsten Kirche oben auf dem Berg, geht es am Sonntag danach nach Abtweiler und dann ins Tal nach Staudernheim. In der Matthiaskirche in Bad Sobernheim schließt sich der Kreis.“ Damit soll im Vorfeld der Fusion ein Gefühl dafür entstehen, dass die vier Gotteshäuser vom kommenden Jahr an zu derselben Kirchengemeinde gehören werden. Eine stattliche Kerze, geschmückt mit den Bildern der vier Kirchen, soll den Weg weisen zum Gründungsgottesdienst der neuen Paul-Schneider-Gemeinde. Er ist für den 9. Januar 2022 in der Staudernheimer Kirche geplant. „Das Licht geht von Hand zu Hand und wir machen damit deutlich: Wir sind gemeinsam auf dem Weg“, betont Pfarrer Christian Wenzel (Bad Sobernheim).

Paul Schneider mit seiner Frau Margarete sowie den Kindern Gerhard (auf dem Arm seiner Mutter), (vorne von links) Dietrich, Paul-Hermann und Eva Maria.

Paul Schneider wurde 1939 im KZ ermordet

Die neue Kirchengemeinde trägt den Namen des Pfarrers Paul Schneider, der 1939 im Konzentrationslager Buchenwald ermordet wurde und als „Prediger von Buchenwald“ in die Geschichte einging. „Die Presbyterien haben sich mit großer Mehrheit für einen Namen entschieden, der ein starkes Stück regionaler Kirchengeschichte wachhält“, berichtet Pfarrerin Ulrike Scholtheis-Wenzel. „Sein Wirken im kirchlichen Widerstand der Nazi-Zeit ist in unserer Gegend weit bekannt und hat darüber hinaus einen weltweiten – auch ökumenischen – Ruf.“ Von der katholischen Kirche wurde Paul Schneider in die Reihe der „Märtyrer des 20. Jahrhunderts aufgenommen.

„Gemeinde sollte klar Stellung gegen Fremdenfeindlichkeit beziehen“

Einen deutlichen Auftrag sieht Pfarrer Ralf Anacker in der Namensgebung der neuen Gemeinde. Er erinnert an Dietrich Bonhoeffer, der in Paul Schneider den ersten Märtyrer der Bekennenden Kirche sah. „Er hat sich dem Auftrag Gottes für sein Leben gestellt und dem Allmachtsanspruch der Nationalsozialisten Widerstand geleistet“, erläutert Anacker. „Mit der Namenswahl verpflichtet sich die neue Kirchengemeinde zugleich auf ein prophetisch-politisches Profil“, fügt Ulrike Scholtheis-Wenzel hinzu. Paul Schneider sei einem biblischen Leitspruch aus der Apostelgeschichte gefolgt: „Man muss Gott mehr gehorchen als den Menschen.“ Dieser gelte überall, wo Menschenrechte heute missachtet würden. Sie betont: „Eine Paul-Schneider-Gemeinde sollte darum klar Stellung beziehen gegen jede Form von Fremdenfeindlichkeit oder Antisemitismus.“

Am einstigen Mittelpunkt des Dorfes Pferdsfeld erinnert eine Stele an Paul Schneider, dem „Prediger von Buchenwald“.

Ziel: Namensgebung mit Inhalten füllen

Nach Meinung von Pfarrer Christian Wenzel kommt es nun darauf an, dass die Namensgebung mit konkreten, in der Gemeinde erfahrbaren Inhalten gefüllt wird. Dazu ist eine Reihe von Veranstaltungen geplant. „Es ist zu fragen, welche Rolle Paul Schneider in der Bekennenden Kirche und im Zusammenhang mit dem Verwaltungsapparat der Landeskirche, vor allem dem damaligen Konsistorium in Koblenz, gespielt hat“, meint Wenzel. Auch die verschiedenen Überlieferungen aus Pferdsfeld und Eckweiler von Ereignissen damals und nach dem Krieg sollen ins Bewusstsein gerückt werden.

Erste Paul-Schneider-Gemeinde der rheinischen Kirche

Recherchen im Vorfeld der Gemeindefusion haben ergeben, dass mit der Fusion die erste Paul-Schneider-Gemeinde im Bereich der Evangelischen Kirche im Rheinland entstehen wird. In der Evangelischen Kirche in Deutschland existiert eine Gemeinde dieses Namens lediglich in Berlin-Steglitz. Allerdings tragen zahlreiche Gemeindehäuser, Schulen und Straßen seinen Namen, darunter das älteste Gymnasium der rheinischen Kirche in Meisenheim. Rechtlich und verwaltungstechnisch sind die Vorbereitungen der Gemeindefusion abgeschlossen. Die offizielle Urkunde zur Errichtung der Evangelischen Paul-Schneider-Gemeinde zum 1. Januar 2022 liegt auf dem Tisch. Die neuen Siegel warten im Tresor. Die Kirchengemeinden Staudernheim und Bad Sobernheim bereiten sich nun mit viel Kreativität auf einen festlichen Beginn vor.

Pfarrer Ralf Anacker (links) sowie das Pfarrer-Ehepaar Scholtheis-Wenzel laden zu Gottesdiensten im Advent ein.

Gottesdienste der Adventstour der Hoffnung

Die Gottesdienste an den Adventssonntagen beginnen jeweils um 10.30 Uhr. Ein Fahrdienst wird organisiert. Wer ihn in Anspruch nehmen möchte, wird gebeten, sich im Gemeindebüro Bad Sobernheim, Telefon 06751 94290, oder im Pfarramt Staudernheim, Telefon 05751 94570, auch über Anrufbeantworter, anzumelden. Abfahrt ist jeweils an der Heimatkirche um 10 Uhr. Die dann gültigen Hygienevorschriften zum Schutz von Covid-19 müssen beachtet werden.

  • 25.11.2021
  • Marion Unger
  • Marion Unger