Konfis treffen Paul Schneiders Sohn

Einen besonderen Gast begrüßte der erste Konfirmandenjahrgang der Evangelischen Paul-Schneider-Gemeinde im Bad Sobernheimer Gemeindezentrum: Karl-Adolf Schneider, Sohn des Namensgebers der neu gegründeten Gemeinde, teilte mit den jungen Leuten Erinnerungen an das Familienleben nach dem Tod seines Vaters, der 1939 von den Nationalsozialisten im Konzentrationslager Buchenwald ermordet wurde.

Das Treffen diente der Vorbereitung der Abschlussfreizeit der Gruppe in Mainz. Dort entstand die Ausstellung „Face-to-Face – Begegnungen mit Paul Schneider“. Die Konfirmandinnen und Konfirmanden hatten sich zusammen mit Pfarrerin Ulrike Scholtheis-Wenzel und Pfarrer Ralf Anacker gut auf das Gespräch vorbereitet und richteten viele Fragen an den zweitjüngsten Sohn Paul Schneiders.

Austausch mit den Jugendlichen konzentrierte sich auf die Zeit nach 1939

„Ich war zwei Jahre alt, als mein Vater ins Konzentrationslager kam und vier, als er ermordet wurde, darum habe ich keine persönlichen Erinnerungen an ihn“, berichtete Karl-Adolf Schneider. Er kam als fünftes der sechs Kinder von Paul und Margarete Schneider 1935 in Dickenschied zur Welt, wo sein Vater Pfarrer war. Außer ihm leben noch ein Bruder in den USA sowie seine Schwester Eva-Maria, die im Taunus zu Hause ist. Der Austausch mit den Jugendlichen konzentrierte sich auf die Zeit nach 1939 und nach dem Krieg, als das Schicksal Paul Schneiders bekannt wurde und seine Wirkung entfaltete.

Bewunderung für die Standhaftigkeit des Vaters

„Sind Sie stolz auf Ihren Vater?“ fragte ein Mädchen aus der Runde. Er könne nichts dafür, als Sohn Paul Schneider geboren worden zu sein, lautete die Antwort. Dennoch bewundere er dessen Standhaftigkeit und seinen Mut, gegen den Strom zu schwimmen. Gefragt, wie er die Geschehnisse in der Zeit des Nationalsozialismus heute beurteile, erklärte Schneider: „Hinterher ist es immer leicht, Dinge zu beurteilen, aber man weiß nicht, wie man sich selbst damals verhalten hätte. Viele haben sich von der Ideologie der Nazis mitreißen lassen.“ Nach dem Krieg habe angeblich niemand von den Gräueln in den Konzentrationslagern gewusst. „Ich habe aber am eigenen Leib erlebt, dass einer meiner Lehrer sehr wohl wusste, was ein KZ ist“, berichtete er.

Erinnerung an den Kirchenkampf auf dem Hunsrück

Daran anknüpfend erzählte Karl-Adolf Schneider vom damaligen Kirchenkampf auf dem Hunsrück, als die regimetreuen Deutschen Christen der kleinen, widerständigen Bekennenden Kirchen gegenüberstanden. Er hielt den Jugendlichen vor Augen, dass manche mutige Familien ihre Kinder zum Konfirmandenunterricht in weit entfernte Gemeinden schickten, weil deren Pfarrer sich ebenfalls der Obrigkeit widersetzten. „Sie mussten weit zu Fuß gehen, aber das haben sie in Kauf genommen“, erläuterte Schneider.

Es ist schwer, mit einem solchen Vater als Vorbild zu leben

Die Frage, ob es schwer sei, mit einem solchen Vater als Vorbild zu leben, beantwortete Schneider mit einem klaren Ja. Er beschrieb auch die Rolle seiner Mutter Margarete, die nach dem Krieg ganz für das Andenken an Paul Schneider gelebt hatte. Er schilderte, wie das Haus, das die Familie nach dem Weggang aus Dickenschied in Wuppertal bewohnte, nach einem Bombenangriff in Flammen aufging. „Meine Mutter hat vom Garten aus zugesehen, wie ein Zimmer nach dem anderen verbrannte und damit alle Andenken an meinen Vater.“ Ihr Engagement und die ständige Erinnerung an die Wirkung des „Predigers von Buchenwald“ führte schließlich zu einer Europa weiten auch ökumenischen Aufmerksamkeit. Die katholische Kirche ordnet Paul Schneider in die Reihe der „Märtyrer des 20. Jahrhunderts“ ein.

Ausstellung über die Begegnung wird am 3. April präsentiert

Mit seinen Erzählungen fand Karl Adolf Schneider die ungeteilte Aufmerksamkeit der jungen Leute. Sie fragten zudem nach seinen Gefühlen beim ersten Besuch der Gedenkstätte des einstigen KZ Buchenwald und interessierten sich für seine politische Einstellung. Diese Frage beantwortete er mit der Beschreibung seines Engagements in der Friedensbewegung.  Die Konfirmandinnen und Konfirmanden stellen sich am Sonntag, 3. April, 10.30 Uhr, im Gottesdienst in der Matthiaskirche vor. Hier präsentieren sie die Ausstellung „Face-to-Face-Begegnung mit Paul Schneider“.

  • 30.3.2022
  • Marion Unger
  • Marion Unger