DREI FRAGEN AN Rafael Nikodemus, theologischer Dezernent im Dezernat Ökumene des Landeskirchenamts, und Superintendentin Antje Menn zur dritten internationalen interreligiösen Konferenz der Vereinten Evangelischen Mission (VEM) und des Verbands christlicher Kirchen in Indonesien vom 21. bis 23. November im indonesischen Jakarta.
Herr Nikodemus, was hat die Delegation der Evangelischen Kirche im Rheinland in die Tagung in Jakarta eingebracht?
Rafael Nikodemus: Zwei spezifisch deutsche Erfahrungen: zum einen den Holocaust mit der daraus resultierenden Verantwortung für uns, dem Verhältnis zu Judentum und Israel eine nicht hintergehbare Qualität zu geben. Antje Menn hat in ihrem Impulsreferat sehr nachdrücklich die Haltung unserer rheinischen Kirche zum Ausdruck gebracht: mit Sorge den seit dem terroristischen Angriff der Hamas auf Israel weiter wachsenden Antisemitismus in Deutschland wahrzunehmen, zur Solidarität mit der jüdischen Gemeinschaft und insbesondere den jüdischen Kultusgemeinden aufzurufen und den Staat Israel als Heimstatt und Schutz von Jüdinnen und Juden weltweit zu bejahen. Die zweite Erfahrung ist der Umstand, dass das Zusammenleben mit anderen Religionen, insbesondere mit Musliminnen und Muslimen, in Deutschland ein noch sehr junges Phänomen ist, das kaum weiter reicht als 60 Jahre. Der Prozess der Beheimatung des Islam in Deuschland, seine noch immer in den Anfängen stehende Institutionalisierung, aber auch die Kreativität islamisch-wissenschaftlicher Aufbrüche sind für die Konferenz inspirierend gewesen.
Frau Menn, was nimmt die rheinisch-westfälische Delegation aus Jakarta in ihre Kirchen mit?
Antje Menn: Ich habe konkrete Bilder, Gesichter und Geschichten von Menschen vor Augen, in deren Regionen die ökologischen und humanitären Folgen des Klimawandels Menschen ihre Lebensgrundlage entziehen oder längst schon entzogen haben. Das verändert auch meinen Blick auf die Transformation hin zur Klimaneutralität unserer kirchlichen Gebäude bis 2035. Was können wir als rheinische Kirche parallel zur Ertüchtigung unserer Gebäude und eines veränderten Konsumverhaltens finanziell, agrarisch und spirituell an anderen Orten der Welt beitragen? Welche rechtlichen Grundlagen für Klimavertriebende befürworten wir und was bringen wir in die politische Diskussion ein? Von Juilet und Amirah, einer Christin und einer Muslima von den Philippinen, habe ich von den Ausmaßen der Menschenrechtsverletzungen in ihrem Land gehört. Auch davon, wie Menschen verschwinden, die sich zum Beispiel für die Rechte von Indigenen einsetzen. Unter ständiger Gefahr arbeiten die beiden Frauen in einem interreligiösen Projekt Tag um Tag für die Umsetzung der Menschenrechte. Wenn in Kürze die Feierlichkeiten zum 75. Jahrestag der Verabschiedung der allgemeinen Erklärung der Menschenrechte 1948 stattfinden, ist es nötiger denn je, Menschen wie Juilet und Amirah in den Focus zu rücken. Dabei werden mich auch die Folgen der kolonialen Vergangenheit beschäftigen. Wir kann ein aktives Engagement der Religionen zur internationalen Unterstützung der Menschenrechte aussehen? Was konkret würde Juilet und Amirah helfen? Die Erfahrungen in Jakarta sind für mich Ermutigung und Aufforderung, interreligiöse Gespräche vor Ort zu vertiefen und weitere zu suchen.
Was ist das Friedenssignal, das von Jakarta ausgeht?
Nikodemus: In der direkten Begegnung und im Dialog wird deutlich: Frieden ist möglich, Konflikte können überwunden werden. Die gemeinsame Erklärung am Ende der Konferenz bekräftigt dies und das zeigt die Arbeit der vielen gemeinsamen Projekte rund um den Globus, wo religionsübergreifend Konflikte angegangen werden. Das ermutigt. Im beharrlich hoffenden und tatkräftigen Miteinander tragen Religionen zu der Durchsetzung der Menschenrechte, zu Maßnahmen gegen den fortschreitenden Klimawandel, zu Gerechtigkeit und Frieden bei.